Hierfür habe ich meine Komfortzone mal ein wenig verlassen und wurde dafür mit einer leicht magischen, aber auch sehr politischen und fein geplottetenHierfür habe ich meine Komfortzone mal ein wenig verlassen und wurde dafür mit einer leicht magischen, aber auch sehr politischen und fein geplotteten Gesichte belohnt.
Ein Coming-of-Age-Roman, der in Rumänien gegen Ende der Ceaușescu-Diktatur spielt, also gruselige Einblicke in eine zum Glück untergegangene Welt gibtEin Coming-of-Age-Roman, der in Rumänien gegen Ende der Ceaușescu-Diktatur spielt, also gruselige Einblicke in eine zum Glück untergegangene Welt gibt. Leider ist das alles sehr langatmig bis langweilig erzählt, der Protagonist bleibt blass, das konnte mich alles nicht richtig mitnehmen.
Victoria Belim spricht 18 Sprachen. Hat nix mit dem Buch zu tun, beeindruckt mich aber ungemein, zumal die Sprachen von Slawisch über Romanisch bis zuVictoria Belim spricht 18 Sprachen. Hat nix mit dem Buch zu tun, beeindruckt mich aber ungemein, zumal die Sprachen von Slawisch über Romanisch bis zu Persisch völlig unterschiedlich sind. Wow. Und schreiben kann sie auch noch, im vorliegenden Debüt geht es um ihre ukrainisch-russische Familie inklusive Geheimnisse und Verwerfungen, was dieses Werk angesichts des andauernden Kriegs sehr aktuell und zeitgeistig macht. Und es hat mir den Begriff (Job? Besonderheit) der Gurkenflüsterin nahe gebracht, was es nicht alles gibt.
Unfassbar spannend erzählt (vor allem beim Kapitel über die Flucht habe ich gefühlt zweimal geblinzelt) und irgendwie unglaublich, diese Geschichte übUnfassbar spannend erzählt (vor allem beim Kapitel über die Flucht habe ich gefühlt zweimal geblinzelt) und irgendwie unglaublich, diese Geschichte über Doppelspion Oleg, der quasi im Alleingang Weltgeschichte dirigiert hat. Non fiction vom Allerfeinsten!
Mehr zum Buch in unserer ausführlichen Besprechung @ Papierstau Podcast: #287...more
Eine Kurzgeschichtensammlung, deren Grundidee (Geister der Vergangenheit erzählen Gräuel verschiedener Epochen via Flashback o.Ä.) leider zu schnell zEine Kurzgeschichtensammlung, deren Grundidee (Geister der Vergangenheit erzählen Gräuel verschiedener Epochen via Flashback o.Ä.) leider zu schnell zu repititiv wurde. Schade, da so die meisten Geschichten für mich schon jetzt, wenige Tage nach dem Lesen, nicht mehr richtig zu unterscheiden sind. Am besten hat mir die Titelgeschichte gefallen, mit dem Vereis auf die Macht des Erzählens bzw. Schreibens.
Mehr zum Buch in unserer ausführlichen Besprechung @ Papierstau Podcast: #283...more
Das ist große Geschichte, groß erzählt - und zwar über die historische Larissa Reissner, die vor rund 100 Jahren unfassbar umtriebig war und dabei aufDas ist große Geschichte, groß erzählt - und zwar über die historische Larissa Reissner, die vor rund 100 Jahren unfassbar umtriebig war und dabei auf zahlreiche Persönlichkeiten der Weltgeschichte traf. Super von Kopetzky, dass er dieser faszinierenden Frau so ein beeindruckendes literarisches Denkmal gesetzt hat.
Ja, ich weiß, das ist sehr früh, aber ich lege mich schon jetzt fest: Das Buch ist eins meiner Lesehighlights des Jahres 2022. Eine unfassbar vielschiJa, ich weiß, das ist sehr früh, aber ich lege mich schon jetzt fest: Das Buch ist eins meiner Lesehighlights des Jahres 2022. Eine unfassbar vielschichtige Erzählung über ein Land (Ukraine), seine Geschichte, seine Gesellschaft und vor allem seine Frauen. Das ist spannend, dicht und atmosphärisch, erfordert aber auch viel Arbeit, da es sowohl inhaltlich als auch strukturell einige Herausforderungen bietet. Aber es lohnt sich sehr, dem Buch volle Konzentration zu schenken und ein paar grundlegende Infos zur Ukraine zu googlen, was aufgrund des andauernden und möglicherweise weiter eskalierenden Konflikts in der Osturkaine ja auch gleich für den aktuellen Diskurs hilft. Das Buch wird mich jedenfalls noch eine Weile beschäftigen, hat bei mit einen ganz starken Eindruck hinterlassen.
Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2020 (LoETA: [Dieses Buch haben wir auch im Papierstau Podcast besprochen: Folge 118: Buchpreis Longlist #3]/ETA
Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2020 (Longlist)
Eigentlich war ich mir ziemlich sicher, dass mir dieses Buch gut bis richtig gut gefallen würde - nun ist doch nur ein eher mittelbegeistertes "okay" bei rausgekommen - schade. Denn die Anlage war da und hat mich auch direkt angesprochen: Familiengeschichte über mehrere Generationen, aus verschiedenen Blickwinkeln, das Ganze angesiedelt im rumänischen Banat und dadurch ordentlich politisch, geschichtlich und gesellschaftlich gewürzt: Vom letzten König bis zum Diktator Ceaușescu, vom jungen Staat zum Teil des Ostblocks, von der Identitätssuche und -findung der deutschstämmigen Bewohner*innen - nehme ich alles!
So eine Erzählung weckt also großes Interesse bei mir, sie muss dann aber auch entsprechend umgesetzt sein, und das hat mich hier nicht so überzeugt. Da hat mir der große, epische Bogen gefehlt, die Tiefe und Dramatik - der große Brocken an Thematik hätte von allem deutlich mehr vertragen. Oder anders gesagt: Mir war das zu viel Inhalt für letztlich knapp über 200 Seiten. Die Szenen, Ereignisse, Menschen, Verstrickungen, die gerade erst eingeführt wurden, wechselten nach wenigen Seiten schon wieder. Das führte dazu, dass mich die Erzählung nicht so mitgenommen hat, wie ich es erwartet und erhofft hatte. Hinzu kam der durchgängige Kommentiermodus der Erzählstimmen, der kaum Platz für eigene Interpretationen oder Denkansätze übrig gelassen hat. Ich kam also auf keinem dieser beiden Wege so richtig an die Geschichte ran - schade!...more
Respekt an die Autorin für eine derart unsympathische und unangenehme Hauptfigur - die sie nicht nur zum Leben erweckt, sondern sie "ihr Ding" auch meRespekt an die Autorin für eine derart unsympathische und unangenehme Hauptfigur - die sie nicht nur zum Leben erweckt, sondern sie "ihr Ding" auch mehr oder weniger kompromisslos von Anfang bis Ende durchziehen lässt.
Wir haben es hier mit einer eher seltenen Erzählperspektive zu tun: Missbrauch, vor allem emotionaler Natur, aus Sicht der Täterin. Dabei handelt es sich um Rosalinde, eine grausame, aus eigener Anschauung aber allen anderen in allen Belangen deutlich überlegene Ehefrau, Mutter und später auch Großmutter. Rosalinde lebt gewissermaßen in einer völlig eigenen Welt, in der sie die einzige ist, die Durchblick hat und überhaupt dafür sorgt, dass alles läuft - ohne sie wären ihre Angehörigen hoffnungslos verloren. Vielleicht kennt ihr ähnliche dominante Frauengestalten aus eurem eigenen Umfeld, mir zumindest kamen einige Szenen und Aussagen Rosas - wenn man das völlig Überzeichnete mal abzieht - durchaus bekannt vor.
Die Geschichte beginnt Ende der 70er Jahre in einem abgelegenen Teil der Sowjetunion, Rosalindes noch junge (und völlig dumme, häßliche und unfähige) Tochter Sulfia ist schwanger. Was folgt ist ein Familiendrama über drei Generationen hinweg, das in der Fastgegenwart in Deutschland endet.
Grob gesagt habe ich das Buch in vier Teilen "erlebt". Der Anfang war ziemlich heftig, denn die innerfamilären Beziehungen werden in ihrer brutalen Direktheit gleich auf dem Silbertablett präsentiert. Das hat mich zunächst einmal interessiert: Schafft die Autorin es, Rosalinde durchgängig zu unsympathisch zu erzählen, ohne dass es am Ende ins Kitschige oder gar Belanglose abdriftet? Nun, grundsätzlich hat sie das für mich geschafft, auch wenn der Weg nicht immer ganz leicht war. Denn nach dem Auftakt kam für mich eine ziemliche Durststrecke, ca. das zweite Viertel. Da passierte nichts genug, um mich mitzunehmen, und ich fand es eher langweilig.
Dann wartet der Plot ab ca. der Hälfte allerdings mit drei nacheinanderfolgenden dramatischen Wendungen auf, die mich ziemlich mitgenommen haben. Da war das Buch ganz stark: Zwar weiterhin größtenteils sehr unangenehm zu lesen, denn der emotionale Missbrauch schlug wirklich sehr eklige Wege ein, aber ich war fasziniert, auf eine angewiderte-mitfühlende Weise.
Das Ende, also ca. das letzte Viertel, fiel dann wieder etwas ab, da wurde es mir ein wenig zu "schrill". Ich bin mir ehrlich gesagt auch nicht ganz sicher, ob da am Ende alle Erzählstränge der tatsächlichen Realität entsprechen oder Rosa sich nicht immer weiter in ihre eigenen Illusionen und falschen Wahrnehmungen geflüchtet ist. Ihr ursprüngliches Verhalten wurde durch die grausame Kindheit und zahlreichen damit verbundenen Entbehrungen angedeutet: Verdrängen, Vergessen, das Schaffen einer eigenen Realität - das half Rosalinde beim Überleben. Nicht ausgeschlossen, dass sie bei den späteren Schicksalsschlägen wieder in diese psychologischen Muster zurückfiel.
So oder so, ein mutiges Buch, mit dem die Autorin ein ziemliches Wagnis eingegangen ist. Fröhlich geht anders, auch würde ich es nicht als "schwarzen Humor" klassifizieren - eher nur schwarz. Also nicht für jeden, aber wer mal Lust auf etwas Abgründiges aus sehr ungewöhnlicher, unbequemer Perspektive hat, kann ja mal reichschauen....more
This is a short and quite entertaining book on Putin, what his world looks and mind works like. It's not a Putin-apologist piece - it does tackle variThis is a short and quite entertaining book on Putin, what his world looks and mind works like. It's not a Putin-apologist piece - it does tackle various biases we (as in "the west") may have regarding Putin, but instead of simply explaining them away, it offers new, maybe equally disturbing perspectives. It's a case of "it may not be the kind of bad you think it is, it might be another kind of bad - or worse".
To achieve this, author and Russia expert Mark Galeotti presents various few chapters each focussing on a "special" Putin (mis)conception, for example: Yes, he was KGB, "but not as you know it". Or: Putin doesn't want to revive neither the USSR nor tzarism, he just wants to... well, you know, something like make Russia great again. And so on. One main thing I take home from this is that Putin doesn't have the grand masterplan to destroy all things free and liberal - he rather uses whatever method is best to achieve his general goals (people listening to him, Russia and himself being respected and such).
The book is too short and superficial to give any real deep insights, but it's a good first introdution and anything but a dry essay....more
ETA: [Dieses Buch haben wir auch im Papierstau Podcast besprochen (Folge 109: #ohneFilter)] /ETA
Was ist dieses Buch? Die Antwort darauf fällt mir nicETA: [Dieses Buch haben wir auch im Papierstau Podcast besprochen (Folge 109: #ohneFilter)] /ETA
Was ist dieses Buch? Die Antwort darauf fällt mir nicht leicht. Drin steckt ein ordentlicher Schlag gut recherchierter Zeitgeschichte von der Nuance "Kalter Krieg in den 1950ern"; ein bisschen Spionagetätigkeit; menschliches Drama sowie die Liebesgeschichte von zwei Paaren, die unterschiedlicher nicht sein könnten und durch ihre jeweilige "Unmöglichkeit" doch eine unglückliche Gemeinsamkeit haben.
In erster Linie ist es aber ein Buch über ein anderes Buch. Ein Buch über Doktor Schiwago, dessen eigener Inhalt aber nur eine Nebenrolle spielt. Soll heißen, man muss es nicht zwingend gelesen haben (der Appetit darauf kommt sowieso von alleine) aber ein paar grobe Grundzüge der Geschichte zu kennen hilft. Letzlich steht aber vor allem sowieso eher das Buch an sich im Fokus, die Macht des geschriebenen Worts.
Es sind die 50er, es ist der Kalte Krieg und Frauen hier wie da haben sowieso schlechte Karten. In der UdSSR ist es Olga, die nicht ganz so heimliche Geliebte und Muse des großen russischen Literaten Boris Pasternak (quasi seine persönliche Lara). Pasternak ist gerade dabei, sein Lebenswerk zu vollenden, jenen Roman, der zur politischen Waffe werden wird. Dabei will Pasternak eigentlich nur die Geschichte von Juri und Lara erzählen, von jenen Irrungen und Wirrungen vor, während und nach der Oktoberrevolution. Doch weil das, was Pasternak über die Oktoberrevolution zu schreiben hat, als antisowjetisch gilt, wird der ehemalige Stalin-Protege nach dessen Tod zum Schreiberling unter Beobachtung. Mit fatalen Folgen für seine Geliebte Olga, die in den Gulag geschickt wird. Und Doktor Schiwago? Darf nicht veröffentlicht werden.
In den USA will das CIA den Roman in seine Finger kriegen. Die Geheimdienstler sehen in dem verbotenen Epos eine literarische Waffe, die die Menschen in der UdSSR wachrütteln soll. Nur: Dazu muss das Buch erscheinen - und wie es dazu kommt, erzählen bei der CIA angestellte Frauen aus verschiedenen Blickwinkeln.
Die Kapitel wechseln flott hin und her: sowohl Schauplatz, Handlungsjahr als auch Erzählstimme. Die Geschichte fand ich interessant: Da war zum einen der zeitgeschichtlicher Aspekt, der die 50er Jahre ziemlich lebendig rübergebracht hat. Hier haben mir vor allem die Kapitel der "Stenotypistinnen" gut gefallen - als eine Art "griechischer Chor" berichten diese Frauen in der ersten Person Plural von ihrem Leben, ihrer Arbeit, ihrem Dasein als "stille Tippse" in dieser Männerwelt, die viel mehr wissen und mitbekommen, als ihre Kollegen für möglich halten.
Zum anderen fand ich den Fokus auf Literatur bzw. den Literaturbetrieb spannend. Wie Boris Pasternak das Werden, das Entstehen seiner Geschichte beschreibt, was ihm das Buch bedeutet, was er dafür alles als zweitrangig einordnet. Wie das Buch seinen Weg um die Welt antritt. Wie Schriftstellerverbände, Verleger, Agenten und letztlich das Nobelpreiskommitee Politik machen. Wie Doktor Schiwago so viel mehr war, so viel mehr ist, als die Liebesgeschichte zwischen Juri und Lara.
Vermutlich kein Roman, der mir auf ewig in Erinnerung bleiben wird, dazu blieben mir die Charaktere - vielleicht bis auf die eindringliche Olga und den "erfrischenden" Chor - etwas zu blass. Aber: Das Thema war spannend und interessant erzählt. Ich hab's gern gelesen....more
This highly intelligent, passionate and also very horrifying account is a book of the moment. The author has lost her country already (she's living exThis highly intelligent, passionate and also very horrifying account is a book of the moment. The author has lost her country already (she's living exiled in Zagreb) and issues a warning: To all those other countries whose residents seems to be astonished, if not completely baffled by certain election or referendum results and the consequences. Questions such as: How did Trump become president? How did the Brexit become a thing? How come there's a right wing party in my country's parliament? Any of this rings a bell? If so, read this book. No matter how far your country is or isn't: How to Lose a Country is an impassioned plea, a warning to the world that populism and nationalism don’t march fully-formed into government; they creep. So true.
Ece Temelkuran uses her experience: Of how her motherland Turkey became "her" president Erdoğan's state with all its consequences. She presents seven steps to look out for, seven steps Erdoğan and his party took to transform Turkey. "Create a movement", "terrorise language" and "remove the shame" are three of these steps. Each step (chapter) is filled with examples, little anectdotes serving as warning signs - and even I, who's always wary on this topic and quite careful (if not pessimistic), was astonished by the amount of parallels to be found. Horrifying indeed.
So, what can be done? Or rather, what shouldn't be done? Ece Temelkuran dwells on these questions, too, and even though she doesn't have a general solution (then again, who has?), it becomes clear that reading this book and starting to see is clearly the first step on a very long way. But we need to start down this path, otherwise, the other side (and their followers, aka the "real" people of [insert your country here]) will take just another step. And another. And then, it might be too late to become aware, let alone act upon it. National solutions won't be enough, says the author, and mocking the face on front of the movement won't make the movement go away. An international, broader, louder debate is needed.
The chapter "Create your own citizen" is the one that spoke to me most, for it is also focussing a lot on women's issues/feminism - as it details how women are always the first to "go down" in such a system. Be it a president who doesn't even try to hide his misogyny, be it a party who promises to bring back "the good old structures" (as in, you know, bring women back into their deignated role as housewife and mother only - sister, if that's your choice, all the power to you, but it should be a choice, not the only default option).
Ece Temelkuran is a gifted journalist, she's got a knack for stringing together episodes and seemingly random tidbits which don't seem to fit at first - but when you take two, three steps back and look at the larger picture, you see a work of art.
A very moving, intimate and tragic account on all kinds of Chernobyl survivors. Svetlana Alexievich gives a voice to those who had to stay silent for A very moving, intimate and tragic account on all kinds of Chernobyl survivors. Svetlana Alexievich gives a voice to those who had to stay silent for too long: people who lost their spouse or child to the fateful catastrophe and its aftermath, people who watched others suffer and die, people who lost their home, people who returned to the "forbidden zone" because they had no other place to go. People who were shunned, misinformed, lied to; people who got sick, had miscarriages, saw, heard and experienced things others can barely imagine. All these monologues are most tragic and touching, but they deserve to be heard.
There's not much context other than these oral accounts - a few intro pages with facts and a short epilogue only. This isn't a minute-by-minute account on how the catastrophe happened. But the survivors' accounts, they tell the whole story. Or at least, they try to explain the unexplainable, the unthinkable. How they experienced it all. What happened to them - or didn't. Why people offered themselves (or had to) as "liquidators" to clean up the mess. Why people refused to believe something this bad could've had happened. Why the "Sovjet system and mindset" made it so easy to keep the true extent of the tragedy under wraps for too long. Why so many people could "fall" for such severe lies.
I read this book over the course of a few months, because I needed a breather every now and then. I remember how the tragedy was handled here, in Germany. I was ten years old when it happened, and I remember a summer of my parents and grandparents always telling me not to stay outside when it rained and never eat and fruit or plants unless they had selected and washed them for me. I also remember that I never went to the forest with my granddad to pick mushrooms anymore - which really saddened me. Looking back on all these light precautions we took, it pains me to know that those living so close or within the exposed zone had so little, if any, valid information on what was happening around them.
I also watched the highly acclaimed miniseries "Chernobyl" which is largely based on this book - many of the survivors' stories and fates have been incorporated into it one way or another. I fully recommend both this book and the miniseries, because these stories need to be told and listened to....more
Ach, das war ein überraschend angenehmes, überwiegend ruhiges Endzeitmärchen. Also, gewissermaßen. Denn bis zu einem gewissen Grad realistisch ist dieAch, das war ein überraschend angenehmes, überwiegend ruhiges Endzeitmärchen. Also, gewissermaßen. Denn bis zu einem gewissen Grad realistisch ist die Geschichte schon, unter anderem in Svetlana Alexievichs Tschernobyl: Eine Chronik der Zukunft kommen ehemalige Rückkehrer*innen verstrahlter Gebiete zu Wort. Nun kann man die Geschichten dieser Menschen auf verschiedene Arten erzählen: Als melodramatische Heimkehr in die Hinterlassenschaften einer Katastrophe mit wenig hoffnungsvollem Blick auf die dort voherrschenden Bedingungen und Aussichten - oder als eine unterhaltsame, trotz aller Widrigkeiten lebensbejahende Erzählung einer hippieähnlichen Altenkommune, deren selbst erwähnter "Gnadenhof" in einer Todeszone liegt, macht man halt das Beste draus.
Ich muss es eigentlich nicht extra erwähnen, aber Alina Bronsky hat sich für Tür #2 entschieden, und das passt auch sehr gut. Unsere Erzählerin Baba Dunja ist eine dieser Heimkehrerinnen, die erste sogar, und somit quasi erste Neusiedlerin in ihrem alten Heimatdorf Tschernowo in der Todeszone rund um die Tschernobylruine. Weitere Alte folgen; Menschen, die ihr Ende sowieso schon nahen sehen und dies selbstbestimmt erleben möchten: Und zwar in diesem verstrahlten, von der Außenwelt ziemlich abgschnittenen Dorf, in dem die Toten nie so richtig verschwinden. Mir hat es sehr gefallen, vom Leben im Dorf und vor allem von der Gemeinschaft zu hören. Die Charaktere sind alle auf ihre Art sonderbar, wenn nicht kauzig, aber interessant; durch den Filter von Baba Dunja erhalten sie eine zusätzliche, oft amüsante Note. Als eines Tages Neulinge im Dorf auftauchen, wird das empfindliche Gleichgewicht der Gruppe gestört, was eine Kettenbewegung in Gang setzt, die die Dramatik der Geschichte voran treibt.
Die Story lebt von ihre skurrilen Personen, deren Gedanken und Handlungen, doch der ernste Untergrund der verstrahlten Umgebung, die das Setting bestimmt, wabert stets im Hintergrund, so wie Strahlung selbst, der man nicht entfliehen kann: Auch wenn man sie nicht sieht - sie ist immer da. Es sind Kleinigkeiten, die immer wieder daran erinnern: Warum die Dörfler sich nicht von ihren Enkelkindern besuchen lassen, warum einige der Jüngeren "seitdem" nie Kinder haben wollten - die Leute sind sich ihrem Risiko mit jeder Sekunde bewusst, sie lassen nur nicht zu, dass es ihr Leben bestimmt.
Kurzum: Gut erzählt, wieder einmal exzellent von Sophie Rois eingelesen, plus ein paar sehr emotionale Momente im letzten Drittel - das Hörbuch hat mir sehr gut gefallen.
Ein kleiner Hinweis noch zum Vergleich - ich hatte vor einiger Zeit im Rahmen einer Leserunde ein anderes Buch von Bronsky, Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche, gelesen. Dort hatte vor allem die unangenehme Hauptfigur für Unmut bei einigen Mitlesenden gesorgt. Bei Baba Dunja verhält sich das anders - zwar ist sie auch eine alte Frau ("keine 82 mehr!") und hat zu fast allem eine Meinung, allerdings ist sie grundsätzlich ein guter, herzlicher Mensch, ganz im Gegensatz zur manipulativen Tartarin Rosa. Also, solltet ihr der Autorin noch eine zweite Chance geben wollen, wäre dies Buch eine gute Wahl :)...more