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MKL1888:Wasserjungfern

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wasserjungfern“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Wasserjungfern“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 16 (1890), Seite 423
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Wasserjungfern. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 423. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wasserjungfern (Version vom 25.01.2023)

[423] Wasserjungfern (Seejungfern, Libellen, Himmelspferde, Schillebolde, Libellulina Burm., hierzu Tafel „Wasserjungfern“), Insektenfamilie aus der Ordnung der Falschnetzflügler, Insekten mit frei drehbarem, quer cylindrischem oder halbkugelförmigem Kopf, sehr großen Augen, deutlichen Nebenaugen, kleinen Fühlern, kräftig ausgebildeten Mundteilen, schmalem, ringförmigem Prothorax, sehr breitem Meso- und Metathorax, vier gleich langen, glasartigen, dicht netzartig geäderten Flügeln und vierkantigen, nach innen stachligen Schenkeln und Schienen. Die Hinterbeine sind länger als die vordern. Der Hinterleib, am vorletzten Ring mit zwei ungegliederten, griffel- oder blattartigen Reifen versehen, die beim Männchen auch zu Zangen werden, ist sehr lang, oft nadelartig. Bei mehreren Gattungen sind die Geschlechter von auffallend verschiedener Körper- oder Flügelfärbung. Die W. fliegen sehr ausdauernd und rasch und verdanken dies Vermögen eigentümlichen tellerförmigen Sehnen im Thorax. Sie fangen andre Insekten im Flug und sind sehr gefräßig. Auch die Begattung erfolgt im Flug, und das Männchen ergreift bei derselben mit seinen Reifen den Nacken des Weibchens, welches sodann die Spitze seines Hinterleibes gegen das im blasenartig aufgetriebenen zweiten Bauchring des Männchens befindliche Kopulationsorgan krümmt. Letzteres muß das Männchen vor der Begattung an den im neunten Hinterleibsring liegenden Ausgängen der Hoden mit Samen füllen. Nach der Begattung legt das Weibchen, bisweilen unter Assistenz des Männchens, die Eier ins Wasser oder in Wasserpflanzen, welche es mit seiner kurzen Legeröhre anschneidet (s. die Tafel). Die Larven leben in fließendem und stehendem Gewässer und sind durch große Raubgier ausgezeichnet. Dieselben gleichen im allgemeinen dem geschlechtsreifen Insekt, haben aber kleinere Augen und längere Fühler; ihre Unterlippe ist zu einem Raubarm (Maske) umgestaltet, welchen die Larve gegen ihre Beute weit vorschnellen kann. Die kleinern besitzen äußere, am Hinterleibsende sitzende, blattförmige Kiemen; bei den übrigen befinden sich Tracheenkiemen im Mastdarm, und der große, mit drei Klappen versehene After vermittelt den Ein- und Austritt des Wassers und durch letztern zugleich taktmäßige Schwimmbewegungen. Die Entwickelung erfolgt meist in einem Jahr; die überwinterte Larve kriecht an einer Wasserpflanze oder an einem Pfahl eine Strecke empor und setzt sich fest, die Haut zerreißt dann bald vom Nacken bis auf den Kopf, und durch diesen Riß arbeitet sich das Insekt heraus, während die Larvenhaut im übrigen unversehrt sitzen bleibt. Man kennt etwa 1100 Arten, welche über alle Erdteile verbreitet sind; Europa besitzt etwa 100 Arten. Die gemeine Schlankjungfer (Lestes [Agrion] puella L.), (das Männchen) 3,5 cm lang, grünlich erzfarben, mit himmelblauen Längsbinden und blauer Unterseite des Thorax; am Hinterleib ist der erste bis sechste Ring blau mit schwarzer Spitze, der zweite mit H-förmiger, schwarzer Zeichnung, die beiden vorletzten sind ebenfalls blau; sie ist in Deutschland gemein, ebenso die große Schmaljungfer (Aeschna grandis L.), 6,5 cm lang, rostfarbig, kaum gefleckt, an den Thoraxseiten mit zwei gelben Binden und auf den Flügeln gelb. Der gemeine Plattbauch (Libellula depressa L.), gelbbraun, an den Rändern gelb gefleckt oder am Hinterleib des reifen Männchens himmelblau bereift, mit großem, länglichem, dunklem Fleck an der Wurzel der vordern und dreieckigem an der der hintern Flügel, tritt, ebenso wie L. quadrimaculata L., mit safrangelbem Körper, schwarzer Hinterleibsspitze, hellgelben Seitenflecken an der Wurzel und safrangelben, in der Mitte des Vorderrandes mit einem schwarzbraunen Fleck gezeichneten, glashellen Flügeln, zuweilen in ungeheuern Mengen auf und unternimmt weite Züge. Vgl. v. d. Linden, Monographiae Libellularum Europae specimen (Brüssel 1825); Charpentier, Libellulinae europaeae (Leipz. 1840); de Sélys-Longchamps, Monographie des Libellulidées d’Europe (Par. 1840); Derselbe und Hagen, Revue des Odonates ou Libellules d’Europe (Brüssel 1850).

[Ξ]

Wasserjungfern.
Wasserjungfern mit Eier legender Lestes sponsa (Schlankjungfer). Nat. Gr.