Rumiko's Reviews > Das tiefschwarze Herz: Ein Fall für Cormoran Strike (Die Cormoran-Strike-Reihe 6)

In dem ca. 1.300-seitigen Kriminalroman "Das tiefschwarze Herz" aus der Cormoran-Strike-Reihe geht es um eine Webserienentwicklerin, die auf einem Friedhof ermordet wird. Der Friedhof ist Schauplatz ihrer mitentwickelten Trickserie namens "Das tiefschwarze Herz". Aus der beliebten Serie hat sich ein von Fans konzipiertes Onlinegame verselbstständigt, das ebenfalls eine große, aber aggressive Fangemeinde genießt. Diese befürchtet, ihr heiß geliebtes Spiel könnte dem Mainstreamkommerz zum Opfer fallen.

Wer steckt hinter dem Tod der Entwicklerin? In diesem Zusammenhang taucht immer wieder der Name eines anonymen Users auf, der sich "Anomie" nennt. Wer ist Anomie und was genau ist sein Ziel? Der Detektiv Cormoran Strike und seine Geschäftspartnerin Robin Ellacott nehmen sich des Falles an und geraten in die undurchsichtige, anonyme Welt des Internets ...

„Das Tiefschwarze Herz“ war mein erstes Buch von J. K. Rowling, die als Robert Galbraith schreibt.
Der Roman war äußerst spannend und gefiel mir insgesamt sehr gut. Rowling hat ja schon immer eine Stärke für authentische Figuren gehabt, was hier wieder besonders zur Geltung kommt. Sie weiß, wie man atmosphärisch schreibt und welche Details sie preisgeben muss, damit man als Leser dranbleibt.

Besonders auffallend sind hier die Chatverläufe zwischen verschiedenen Usern, die das Onlinegame moderieren. Die Unterhaltungen sind mit üblichen Tippfehlern und Kürzeln versehen und wirken deshalb sehr authentisch, wie echte Unterhaltungen.

Man muss sehr konzentriert lesen, da man enorm viel Information aufnehmen muss. Dazu sind die Chatunterhaltungen in einer kleinen, serifenlosen Schrift geschrieben und Nebenchatverläufe bzw. Private Chaträume werden in einer zweiten und stellenweise sogar dritten Spalte gezeigt. Das hat mein eReader oftmals nicht korrekt formatiert, sodass die Unterhaltungen kapitelweise übereinander gezeigt wurden. Das dürfte nach dem letzten Update wohl behoben sein. Anfangs wusste ich nicht, wie ich die Chats am besten lesen soll. Paralleles Lesen funktioniert in den ersten Kapiteln noch recht gut, aber später werden die Unterhaltungen immer länger und chaotischer. Am besten liest man eine Spalte nach der anderen. Das hat bei mir ganz gut funktioniert.

Erst ab Seite 400 war ich richtig drinnen. Die wichtigsten Figuren und ihre Verbindungen sitzen dann einigermaßen und man hat einen Überblick. Um nicht komplett den Faden zu verlieren, wiederholt Rowling immer mal wieder die Hintergründe zu den Figuren, weil viele Ereignisse/Informationen viele Seiten auseinanderliegen.

Natürlich gibt es auch Kapitel, die die Spannung etwas abbremsen. Auch ist der Ton - vor allem in den Sozialen Netzwerken - oft sehr derb und persönlich. Zwar nicht so krass wie in „Ein plötzlicher Todesfall“, aber doch stellenweise sehr anzüglich und stellenweise ziemlich rassistisch.

An manchen Stellen merkt man auch, dass das Buch schnell übersetzt werden musste, weil teilweise zu viel unnötige Bildungssprache und teilweise etwas hölzerne Formulierugen verwendet wurden.

Hier noch ein paar Kritikpunkte:

Das Ding zwischen Strike und Ellacott, die ich zu Beginn noch sehr mochte und niedlich fand, hat mich irgendwann nur noch genervt. Cormoran Strike, der Hauptdetektiv, ist ein richtiger Waschlappen, der seine Freizeit lieber in Affären investiert, anstatt sich um die Frau zu bemühen, die er angeblich will. Ein typischer Detektiv mit bewegter Vergangenheit, Frauenverschleiß, irgendwas Erotischem (groß, gefährlich aussehend) und betonter Maskulinität. Robin Ellacott, seine Geschäftspartnerin und Anteilseignerin der gemeinsamen Detektei, ist die Superwoman, die nicht weiß, was sie mit den ganzen Männern machen soll, die was von ihr wollen. Klischees reihen sich an Klischees. Man kann halt nicht mit und auch nicht ohne.

Es ist der mittlerweile 6. Band dieser Reihe und immer noch tun beide so, als würden sie nichts voneinander wollen. Ich habe zwar die vorherigen Teile noch nicht gelesen, aber ich schätze, dass die ganzen Eifersuchtsnummern, künstliche Streitereien und Flirtversuche offenbar nicht gefruchtet haben, wenn sie sich hier immer noch wie Teenager verhalten.

Desweiteren haben sich die letzten 200 Seiten gezogen, weil ich den Eindruck hatte, Rowling wollte einfach nicht aufhören und den Leser noch etwas in die Irre führen. Das Ende hat mir leider nicht so gefallen. Das ganze Ding um "Wer ist Anomie" wurde über hunderten von Seiten dermaßen aufgeblasen, dass ich mit einem bombastischen Ende gerechnet hatte. Letztendlich ist die Auflösung unspektakulär.

Ich werde nichts verraten. Die Auflösung erschien auf mich so, als wollte Rowling schnell fertig werden und als hätte sie sich eine angenehme Hintertür offengelassen. Mir erschien es zu gehetzt, man wird damit irgendwie allein gelassen. Bedauerlicherweise bleiben noch Fragen offen und so richtig ausdiskutiert wird das Ganze nicht.

Fazit:
Insgesamt war "Das Tiefschwarze Herz" ein sehr unterhaltsamer, spannender und äußert zeitgemäßer Kriminalroman. Ich gebe dem Buch 5 Sterne, weil Rowling hier vieles richtig gemacht hat und meine Spannung bis zum Schluss aufrechterhalten konnte. Wenn eine über Teenager schreiben kann, dann Rowling. Das ist einfach ihr Ding und irgendwas scheint sie sehr gut zu beherrschen, dass man als Leser einfach dranbleibt und wissen will, wie's weitergeht.

Bwah!