Zum Bild: Mit Genehmigung Apostolat der Priester- und Ordensberufe Burg Lantershofan �/Remagen

Burg

Lantershofen, ein alter Herrensitz

VON JAKOB DIEDERICH

Zu den �ltesten Niederlassungen der fr�nkischen Siedlungsperiode im n�rdlichen Kreisgebiet links der Ahr d�rfte ohne Zweifel der unweit von Ahrweiler gelegene Ort Lantershofen zu z�hlen sein. In einer vom 1. Juli 1019 datierten Urkunde schenkte Kaiser Heinrich II. dem Kloster Michelsberg bei Bamberg �eine von dem rechtlos gestorbenen Giselinus ererbte Besitzung Lantherishoffe mit s�mtlichen �ckern, Wiesen, Waldungen, Weiden, Weing�rten, Wasser, Wasserl�ufen und H�rigen." Die Entwicklung und Geschichte des Ortes in der Folgezeit wurde ma�geblich und einschneidend beeinflu�t durch die Erbauung einer Burg �auf der Schauer", rechts der Landstra�e Bad Neuenahr�Rheinbach gelegen. Sie war wahrscheinlich auf den Resten r�mischer Gem�uer errichtet. Von dem Besitzer dieser Burg meldet �kein Lied, kein Heldenbuch." Der letzte Ritter soll ein Freund und Gen�sse des Raubritters auf dem Neuenahrer Berge gewesen sein und dessen Schicksal geteilt haben, als . im Jahre 1372 der Erzbischof von K�ln, Friedrich von Saarwerden, mit Unterst�tzung der Ahrweiler B�rger diese Burg eroberte und zerst�rte. Gr�ndlicher noch traf die Vernichtung die Burg �auf der Schauer". Keine �u�ere Spur ist mehr von ihr vorhanden. Der Pflug geht heute �ber diese St�tte.

Wenige Jahre sp�ter, 1576, wurde in unmittelbarer N�he der heutigen Burg �am Blankart" eine neue Burg erbaut. Ob diese der Stammsitz des Rittergeschlechtes von Blankart war, ist nicht mit Sicherheit zu ermitteln. Anderen Forschungen zufolge k�nnte sie aus einem i. J. 1321 genannten Hof des Matthias von Densborn entstanden sein. Erst eineinhalb Jahrhunderte sp�ter betreten wir in dieser Frage sicheren geschichtlichen Boden. Im Jahre 1480 ist die Burg im Besitz des Gerhard von Blankart, ein Spro� jenes ber�hmten Rittergeschlechtes, das im nahen Ahrweiler reich beg�tert war. Lange Jahre waren nun die Herren von Blankart Eigent�mer der Burg Lantershofen und bestimmten weitgehend die Geschicke des Dorfes und seiner Bewohner. Die Ortseingesessenen waren ihnen dienstuntert�nig, zins= und zehntpflichtig. Allw�chentlich einmal versammelten sie sich auf dem Platze vor der Kapelle, wo die Arbeiten f�r die kommende Woche verteilt wurden, weshalb dieser Platz bis auf den heutigen Tag �Frumech", d. h. Fronplatz, genannt wird. Zu diesen Fronarbeiten geh�rten z. B. �die Weinberge zu beschneiden, zu binden, zu entlauben, Trauben schneiden, Rahmholz im Walde zu holen und an die St�cke zu bringen", ferner Arbeiten in Feld, Wald, Wiesen und Weiden. Daf�r gew�hrte der Burgherr j�hrlich verschiedene Mahlzeiten, etliche Quart Wein, Fleisch, Eier usw. Auch die Frauen erhielten einmal eine �volle Mahlzeit", was jahrelang am Montag nach dem Dreik�nigstage geschah. Gro�e Schafherden waren Eigentum des Burgherrn. Sie hatten ihre St�lle, bei denen auch die Wohnung des Sch�fers lag, au�erhalb des Dorfes, und heute erinnert noch die Flurbezeichnung �auf der Sch�fersburg" daran.

Die Herren von Blankart �bten in ihrem Machtbereich auch die Gerichtsbarkeit aus. Sie besa�en dieselbe �in allen b�rgerlichen und peinlichen Sachen, sambt Straf den �belt�tern und Aufrichtung von Galgen und Rad mit allen anderen Stucken dazu geh�rig". Zur Vollstreckung der Todesurteile stand n�rdlich des Dorfes in der N�he des Tonwerks ein Galgen. Heute noch finden wir in den Flurkarten die Bezeichnung �am .Lantershofener Galgen". Ein besonderes Recht, das mit der Burg Lantershofen verkn�pft war, war das Asylrecht. Die Dauer des Asylrechts war verschieden und erstreckte sich auf die Zeit von drei Tagen bis auf mehrere Monate. Es war jedoch streng verboten, dem ins Asyl gefl�chteten �belt�ter Speise oder Trank zu reichen, �berhaupt ihm irgendwie behilflich zu sein. Der Fl�chtling war deshalb fast immer schon nach kurzer Zeit gen�tigt, sich seinen H�schern zu stellen. Das Asylrecht, das meist nur Kirchen, Kapellen und Kl�ster im Mittelalter besa�en, ist ein Beweis daf�r, da� dieser Adelssitz aus alter Zeit stammt. Die Herren von Blankart standen stets treu zu Kirche und Geistlichkeit und hatten eine offene Hand f�r Arme und Notleidende. Vpn Kuno von Blankart, dessen Grabmal sich in der Pfarrkirche zu Ahrweiler befindet, wird berichtet, da� er der Stadt Ahrweiler viele Wohltaten erwiesen und vor seinem Tode alle Schuldverschreibungen armer Leute vernichtet habe. Eine Edle von Blankart soll �ungeheure Wertsachen" von Gold und Silber f�r die alte Lantershofener Kapelle gespendet haben. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, da� dieser Opfersinn in Verbindung gebracht werden kann mit dem Gu� einer Glocke, der �Ursula", die alle Kriegswirren �berstanden hat und heute noch im Turme der neu-en Kapelle h�ngt. Sie tr�gt die Inschrift: �Ursula heischen ich, in goedes eren loden ich. MCCCCLVIII" (1458). Die Sage berichtet, da� diese Glocke auf dem Platz vor der Kapelle gegossen wurde. Als die Glockenspeise kochte und brodelte, soll eine Edle von Blankart eine Sch�rze voll Silbertaler in den Gu� geworfen haben, und diesem Silber verdanke die Glocke ihren lieblichen, hellen Klang. Tats�chlich hat man beim Auswerfen der Fundamente zum Bau der neuen Kapelle im Jahre 1881 die Glockengie�stelle aufgefunden, ein Beweis daf�r, da� in der Sage ein geschichtlicher Kern verborgen ist.

Das 17. Jahrhundert brachte Dorf und Burg bewegte und unruhige Zeiten. Gleichwie Ahrweiler und das gesamte Ahrtal, wurde auch Lantershofen im Drei�igj�hrigen Kriege hart bedr�ngt. Mehrmals ausgepl�ndert, wurde die Burg 1,652 von den Schweden teilweise zerst�rt, wenig sp�ter jedoch wieder aufgebaut. In den letzten Jahren des Drei�igj�hrigen Krieges statteten die Franzosen dem Ort mehrere unliebsame Besuche ab, und eine gro�e Anzahl H�user fiel verheerenden Br�nden zum Opfer. Auch nach Beendigung des Krieges 1648 nahmen die Drangsale ihren Fortgang. 1672 zogen feindliche pl�ndernde Truppen, von Rheinbach kommend, �ber die �Grafschaft" ins Ahrtal. Das gesamte Dorf fiel den Marodeuren zum Opfer und ging in Flammen auf. Die Blankartsche Burg wurde vollst�ndig zerst�rt. Aus jener bewegten Zeit wohl berichtet uns die Sage, wie der Schusterhammer in das Wappen der Blankarts gekommen ist. Von der Burg aus f�hrten mehrere unterirdische G�nge, von denen einer in der �Ellig" bei Ahrweiler endete. Bei einem n�chtlichen feindlichen �berfall in Abwesenheit des Burgherrn rettete ein Schuster aus dem Ort das Burgfr�ulein, indem er es durch den Gang geleitete, den Weg hinter sich versch�ttete und so gl�cklich den Verfolgern entrann und ins Freie gelangen konnte. Aus Dankbarkeit soll das Burgfr�ulein sp�ter ihren Erretter zum Gemahl genommen haben und so der Schusterhammer ins Wappen der Blankarts gekommen sein.

Zu Beginn des iS. Jahrhunderts starb das Geschlecht der Blankarts im Mannesstamme aus. Maria Sophia Katharina Margarete von Blankart, geb. am 20. 4. 1688, Erbin von Lantershofen, die mit Ferdinand Ernst von Dalwigh zu Lichtenfels verm�hlt war, starb fr�h und war die letzte ihres Stammes. Ihr �berlebender Gemahl, der durch diese Heirat Herr des Blankartschen Besitzes geworden war, starb als Kurpf�lzischer Geheimrat und Kammerpr�sident.

Das Erbe der Blankarts �bernahm nun Freiherr von Stickeneil. Er erbaute im Jahre 1708 auf den Oberresten der alten Burg die heutige Burg. Gleichzeitig nahm er eine Grenzregulierung seines gesamten Besitzes vor. Aus dieser Zeit stammen die noch jetzt in den Feldern hier und da stehenden sogenannten Burgsteine.

Wenig sp�ter finden wir die Herren von Rohe zu Drove im Besitz der Burg. In dieser Zeit bildete Lantershofen eine reichsritterschaftliche Gauerbschaft mit sieben Anteilen. Als Teilhaber werden neben den Herren von Rohe zu Drove mit zwei Siebteln genannt die Herren von Dalwigh und die Herren von Landskron ebenfalls mit je zwei Siebteln, sowie die Herren von Bourscheid-B�llersheim mit einem Siebtel. Alle Gauherren hatten gleiche Berechtigung an Hoheit und Gerichtsbarkeit und waren nicht nur Grundherren, sondern auch Landesherren, also unmittelbar dem Kaiser unterstellt. Solche Territorien gab es im Deutschen Reiche 450, im Rheinland 150 und im Kreise Ahrweiler 15, von denen Lantershofen das kleinste war, sicherlich ein politisches Kuriosum! Diese territorialen Verh�ltnisse wurden

durch die Eroberung des linken Rheinufers durch die Franzosen 1794 von Grund aus umgestaltet. Die Feudalherrschaft war zu Ende, eine neue Zeit brach an. Um das Jahr i8po wird ein Herr von Flatten als Eigent�mer der Burg erw�hnt. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts trat sodann ein h�ufiger Besitzwechsel ein. 1820 kam die Burg in die H�nde des Grafen von Wickenburg. Er war in Steyermark beg�tert, und als im Revolutionsjahr 1848 das Grundeigentum des Grafen in �sterreich konfisziert wurde, geriet er in Schulden und sah sich gen�tigt, seinen Besitz in Lantershofen zu ver�u�ern. Noch bis in die letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts hinein wurden allj�hrlich zw�lf Stiftmessen f�r die gr�fliche Familie von Wickenburg gehalten, zuletzt unter Pastor Kolb von Karweiler. Der nachfolgende Besitzer der Burg war der Weinguts= u. Lohgerbereibesitzer Referendar a. D. Franz Bresgen, der das Anwesen f�r 32 ooo Taler erwarb. Bresgen war 1848 Mitglied der Nationalversammlung in Frankfurt a. M. gewesen und vertrat sp�ter als Abgeordneter im Preu�ischen Landtag von 1862 bis 1867 unsern heimischen Wahlbezirk, bestehend aus den Kreisen Ahrweiler und Adenau. Er geh�rte der �Deutschen Fortschrittspartei" an. Bresgen verkaufte nach und nach fast s�mtliche Liegenschaften an die Ortseingesessenen, ein Umstand, der die Besitzverh�ltnisse und damit auch die wirtschaftliche Struktur des d�rflichen Bauernstandes von Grund aus ver�nderte. Seit dieser Zeit erst finden wir in Lantershofen einen freieren und beg�terten Bauernstand. 1882 erwarb Hubert Sch�tz die Burg, der dort eine Brennerei betrieb. Er verkaufte sie weiter an Konrad Wallerscheid, der eine Bierbrauerei errichtete. Nach mannigfaltigern Besitzwechsel um die Jahrhundertwende wurde im Jahre 1915 Versicherungsdirekter Friedrich Langen aus K�ln Eigent�mer des Anwesens. Dessen Erben endlich ver�u�erten die Burg kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges 1939 an Direktor Pfarrer August D�rner, Stifter des Apostolates der Priester und Ordensberufe. Unter seiner tatkr�ftigen Leitung wurde das nach und nach in Verfall geratene Burggeb�ude einer gr�ndlichen Renovierung unterzogen und durch Um� und Anbauten in der Nachkriegszeit bedeutend erweitert. Heute befindet sich in den ger�umigen, neuzeitlich eingerichteten Geb�ulichkeiten eine von etwa siebzig Sch�lern besuchte Vorbereitungsanstalt f�r Priesterberufe, die nach dem Tode des Gr�nders der Anstalt von seinen geistlichen Mitbr�dern unter Direktor Eugen Gro� im Sinne des Stifters weitergef�hrt wird.

R�ckblickend auf fast sieben Jahrhunderte k�nnen wir feststellen, da� Burg und Dorf Lantershofen eine reiche historische Vergangenheit aufzuweisen haben. Wenn auch keine weltbewegenden Ereignisse und Begebenheiten mit diesem alten, fast vergessenen Herrensitz verkn�pft sind, so d�rfte in seiner wechselvollen Geschichte doch ein gutes St�ck Heimatgeschichte lebendig werden.